Einen „neuen Stil“ wollte Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) in seine Politik bringen. Und statt inserieren wollte er eigentlich regieren. Eigentlich. Denn am Ende wurden es doch 179 Millionen Euro für „Regierungs-Inserate“ im Jahr 2016, berichtet der „Kurier“. 4,8 Prozent weniger als im Vorjahr – der große Wurf ist also nicht gelungen, auch wenn er selbstbewusst versprochen hatte, erkennbare „Taten zu setzen“.
Am 17. Mai 2016 wurde Christian Kern als Nachfolger von Werner Faymann als Bundeskanzler angelobt. Am Abend dieses Tages war er in der „ZiB 2“ bei Armin Wolf. Dieser sprach ihn auf die Inseraten-Rekorde von Faymann an und wollte wissen, ob Kern sich auch mit Inseraten eine wohlfeile Berichterstattung erkaufen werde. Kern wortwörtlich: „Ich wüsste gar nicht, wo die Mitglieder der Bundesregierung inserieren sollen. Unsere vorrangige Aufgabe ist es nicht zu inserieren, sondern Politik zu machen, Taten zu setzen und klar identifizierbar zu machen, was wir für das Land tun.“ Als ÖBB-Chef hatte Kern schon fleißig Millioneneinschaltungen verantwortet, und man dürfte ihm auch rasch erklärt haben, wo Regierungs-Mitglieder inserieren können. In hofberichterstattende „Regierungs-Medien“ zum Beispiel. Und dorthin wurden dann auch knapp 180 Millionen Steuergelder gesteckt.
Das Kanzleramt von Kern verdoppelte im letzten Quartal seine Werbeausgaben sogar. Doch es gibt noch fleißigere Inserenten als den Kanzler Kern, zum Beispiel sein SPÖ-Parteifreund Jörg Leichtfried, der fünfmal soviel warb wie im dritten Quartal. Dem schwarzen Innenminister waren positive Berichte ähnlich viel wert – er versechsfachte seine Ausgaben im letzten Quartal im Vergleich zum Vorquartal, wie der „Standard“ verriet. In Summe verjubelten Regierung und regierungsnahe Unternehmen so 61,7 Millionen in den drei Monaten Oktober, November, Dezember.
ORF bekam satte 20,4 Millionen Euro
Wenig verwunderlich: Die großen Boulevard-Medien, die im entscheidenden Moment für ihre Regierung einstehen, kassierten am meisten Kohle. So finanzierte der Steuerzahler ohne Mitspracherecht die Dichand-Fellner-Raiffeisen-Connection „Mediaprint“ mit 29,1 Millionen Euro. Die „Krone“ wurde direkt mit 20,7 Millionen gesponsert, die „Heute“ mit 14,1 Millionen und die Gruppe „Österreich“ mit 14 Millionen. Schon mehr verwunderlich: Der durch Zwangsgebühren am Leben gehaltene ORF bekam von der Regierung nochmal satte 20,4 Millionen Euro! Schamlosigkeit? Fehlanzeige.
Die Mainstream-Zeitungen in Österreich streifen zusätzlich auch noch Presseförderung ein, was im Verhältnis zu den genannten Regierungs-Geldern gering ausfällt. Und trotzdem soll diese Förderung „zum Dank“ für die liebliche Berichterstattung verdoppelt werden. Einfach so, verdoppelt! Merken Sie sich das, wenn man Ihnen wieder mal etwas von „Geldknappheit“ oder „fehlenden Mittel“ erzählt.
Wer sich jährlich mit 180 bis 200 Millionen Euro kaufen lässt, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er eine Schreibhure ist. Das klingt hart und es ist auch so gemeint. Niemand soll glauben, dass diese schamlosen Geldflüsse folgenlos blieben: Anstelle der Regierungs-Kritik gibt es dann ganz einfach Kritik an der stärker werdenden Opposition, an „bösen Rechtspopulisten“ oder am „dummen Bürger“ der mit Hasskommentaren die heile Welt stören würde. Show-Man Christian Kern sagte im Jänner „95 Prozent der Politik besteht aus Inszenierung.“ Und die Mainstream-Medien sind Teil dieser peinlichen Inszenierung.
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